Verkehrssünder im Visier Niederlande bitten Hunderttausende Deutsche zur Kasse – Strafen teils drakonisch
Niederlande · Zehn Prozent aller in den Niederlanden erteilten Strafzettel gingen im vergangenen Jahr an Autofahrer aus dem Ausland, die meisten an Deutsche. Dabei sind die Bußgelder mitunter drakonisch. Einige Beispiele.
11.05.2023, 17:29 Uhr
Die niederländische Tourismusindustrie käme ohne Urlauber aus Deutschland kaum aus, Küstenstädte wie Katwijk, Zandvoort oder Ouddorp empfangen Jahr für Jahr Hunderttausende Besucher aus der Bundesrepublik. Doch auch für den niederländischen Staat sind Deutsche offenkundig eine wichtige Einnahmequelle: Knapp zehn Prozent aller Bußgeldbescheide gingen 2022 an Autofahrer aus dem Ausland, mehr als ein Drittel davon an Deutsche. Das geht aus aktuellen Zahlen der niederländischen Finanzbehörde Centraal Justitieel Incassobureau (CJIB) hervor.
Im vergangenen Jahr hielten sich demnach 312.848 Deutsche nicht an die Verkehrsregeln im Nachbarland. Auf Platz zwei stehen die Belgier mit 234.000 Strafzetteln, gefolgt von Polen mit 93.000. Insgesamt waren es 874.539 Ausländer, die sich im Königreich nicht an die Verkehrsregeln hielten – knapp zehn Prozent aller Regelsünder. Die meisten Strafzettel wurden wegen Geschwindigkeitsüberschreitung (815.000), Falschparken (18.091) und Überfahren einer roten Ampel (12.049) ausgestellt.
Wie hoch sind die Bußgelder in den Niederlanden?
Und die Bußgelder in den Niederlanden sind mitunter drakonisch, Anfang März wurden sie abermals erhöht. Wer etwa auf Autobahnen die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 20 km/h überschreitet, zahlt 196 Euro. Zudem gibt es Autobahnabschnitte, auf denen kein Toleranzabzug mehr gilt. Wer dort nachts statt mit 130 mit 131 Stundenkilometern unterwegs ist, darf mit einem teuren Brief aus den Niederlanden rechnen. Wer außerhalb geschlossener Ortschaften nach Abzug der Toleranz 30 km/h zu schnell fährt, muss 364 Euro aufbringen.
Noch strenger geht die Polizei gegen Temposünder innerhalb geschlossener Ortschaften vor. Fährt man dort 20 km/h schneller als erlaubt, werden 219 Euro fällig. Park- und Halteverstöße ahndet die Polizei mit mindestens 110 Euro, Rotlicht-Sündern nehmen die Beamten wiederum mindestens 280 Euro ab. Wer mit dem Handy am Steuer erwischt wird, muss mit einem Bußgeld von 380 Euro rechnen. Und: Wird das Bußgeld nicht innerhalb der auf dem Bescheid genannten Frist gezahlt, erhöht sich der geschuldete Betrag: Beim ersten Mal um 50 Prozent, beim zweiten Mal um 100 Prozent.
Zu besonderer Vorsicht motivieren die hohen Bußgelder die Deutschen im niederländischen Straßenverkehr aber offenbar nicht. „Wenn Deutsche über die Grenze fahren, häufig für einen Urlaub, empfinden sie ein Gefühl von Freiheit. Sie fühlen sich freier als im eigenen Land, denken weniger an Regeln. Aber das hat natürlich nichts mit der Wirklichkeit zu tun“, sagt der niederländische Verkehrspsychologe Gerard Tertoolen im Gespräch mit unserer Redaktion.
Früher seien zudem viele der Überzeugung gewesen, dass Bußgelder, die im Ausland verhängt werden, nicht eingetrieben würden. „Seitdem die Grenzen innerhalb der Europäischen Union an Sichtbarkeit verloren haben, sind diese Zeiten allerdings vorbei. Heute bekommt man Strafzettel aus den Urlaubsländern, da kann man sich sicher sein“, sagt Tertoolen, der in Utrecht tätig ist. Andersherum sei es freilich genauso: Niederländer könnten sich sicher sein, für Regelverstöße in Deutschland auch tatsächlich belangt zu werden.
„Außerdem dürften viele Deutsche den Eindruck haben, dass die Chance, in den Niederlanden erwischt zu werden, geringer ist. Und diesen Eindruck habe ich subjektiv tatsächlich auch“, sagt Tertoolen. In den Niederlanden sei er seit mehr als zehn Jahren nicht mehr geblitzt worden. Nach einem Urlaub in Norddeutschland im Sommer 2022 seien jedoch gleich vier Strafzettel in den Briefkasten geflattert. „Die Bußgelder werden in den Niederlanden Jahr für Jahr erhöht. In meinen Augen hat das recht wenig Effekt. Ob man für eine Geschwindigkeitsüberschreitung 440 oder 480 Euro zahlt, dürfte die meisten kaum interessieren. Entscheidend ist die Chance, erwischt zu werden“, sagt Tertoolen. „Und die erscheint mir in Deutschland deutlich größer.“
Immerhin: Die Zahlungsmoral der Deutschen ist gut. 86,7 Prozent aller 2022 verhängten Bußgelder wurden auch beglichen, Finnen (93,9), Schweden (89,6) oder Belgier (88,4) sind noch zuverlässiger. Am unteren Ende der Skala tauchen etwa die Franzosen auf, die nur knapp jedes zweite Bußgeld gen Niederlande überwiesen. Bei Autofahrern aus Rumänien waren es sogar nur 42,2 Prozent.
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